Neubewertung von Aluminium- bauteilen in der KBOB-Liste

Der stetig steigende Aluminium-Recycling-Anteil aus Aluminiumfenstern und -fassaden und aktualisierte Sachbilanzen wirken sich auf die Ökobilanzdaten in der KBOB-Liste (KBOB – Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren) entscheidend aus. Seit den 50er-Jahren stieg der Anteil von Aluminiumfenstern und -fassaden kontinuierlich an. Diese Aluminiumfenster und -fassaden kehren im Lauf von Gebäudesanierungen als Recycling-Aluminium in den Aluminium-Werkstoffkreislauf zurück.

Die Ökobilanzdatensätze aus der KBOB-Liste werden von Softwares wie MINERGIE-ECO, eco-bau, eco-devi und als Basisdaten herangezogen.
Durch das Ingenieurbüro Treeze Ltd. wurden in der KBOBListe 2016 insgesamt ca. 110 Datensätze überarbeitet. In der Rubrik 05 «Fenster …» wurden alle Basiswerkstoffe überarbeitet. Für Fensterrahmen aus Holz-Metall liegt der UBP-Totalwert um 28% höher als für Aluminium mit 80% Anteil Recycling-Aluminium und Recycling-Polyamidleisten. Im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE wurde im Rahmen des Projekts QualiBOB1 die sogenannte KBOB-Liste um Ökobilanzdaten im Baubereich erweitert und erneuert. Das Projekt wurde bereits 2016 abgeschlossen.

Von der Rohstoffgewinnung bis zum Recycling

Aluminium ist ein prädestinierter Werkstoff für ein Höchstmass an Nachhaltigkeit. Aluminium wird genutzt und nicht verbraucht. Im Produktionsprozess wurde in den letzten Jahren der Energieaufwand deutlich reduziert und immer mehr Recycling-Aluminium kommt in den Kreislauf zurück. Die Wiederaufbereitung von Recyclingmaterial benötigt nur noch 5% der ursprünglichen Energie.
Der Recycling-Aluminium-Anteil, der in den kommenden Jahren in den Kreislauf zurückfliesst, steigt von Jahr zu Jahr, weil auch die eingesetzten Aluminiumfassaden in den 60er- und 70er-Jahren einen grossen Aufschwung erlebten und heute vermehrt zurückgebaut werden und durch neue Glas-Metall-Fassaden ersetzt werden. Der hohe monetäre Wert des Werkstoffs Aluminium motiviert Recycling-Werke, grosse Investitionen in die Technologie zur Rückgewinnung der Aluminiumschrotte zu tätigen. Es ist ein Werkstoff, der zu Recht unter die Bezeichnung «Kreislaufwirtschaft» fällt.

Aluminiumfassaden und -Fenster sind über die ganze Lebensdauer korrosionsgeschützt und müssen nicht gegen Pilzbefall oder Rost geschützt werden. Die sehr lange Lebensdauer von Aluminiumfassaden hilft zusätzlich, die Ökobilanz zu verbessern. Aluminium-Vorhang-Fassaden und -Fenster erbringen architektonische Höchstleistungen. Die ausführbaren maximalen Elementdimensionen, verbunden mit Filigranität und höchsten statischen Werten, lassen jedes Architektenherz höherschlagen. Aluminiumkonstruktionen sind sehr schlank, wirken edel und ermöglichen durch den grossen Glasanteil helle und lichtdurchflutete moderne Innenräume. Daraus resultiert zusätzlich hohe passive Sonnenenergie-Nutzung.

Die Funktionalitäten von Aluminiumfassaden- und -fensterkonstruktionen sind in jeder Hinsicht kaum zu schlagen. Aluminium-Systemhäuser bieten im Standardangebot Lösungen mit Schalldämmwerten von bis über 50 dB(A) an. Die Systeme sind auch ausgelegt für Glaseinbauten über 70 mm Gesamtstärke. Aluminiumkonstruktionen bieten Architekten grosse Entscheidungsfreiheit, objektspezifisch die gewünschten Öffnungsarten über die Dreh- und Drehkippfenster hinaus auch aus Parallel-Ausstellfenstern, Senkklappfenstern wie auch Wende- und Schwingflügeln auszuwählen. Flügel mit sehr grossen Dimensionen und Gewichten von über 300 kg sind bewährt und in vielen Objekten eingesetzt. Aluminiumfenster und -türen können aus dem Sortiment mit Einbruchssicherung standardmässig bis RC3 ausgestattet werden.
Mit Unterstützung der SZFF Schweizerische Zentrale Fenster und Fassaden wurden die Ökobilanzdatensätze für Aluminium und Aluminiumbauteile grundlegend überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Seit Anfang 2017 steht die KBOB-Liste nun allen Beteiligten im Baubereich als Entscheidungs- und Planungsinstrument zur Verfügung. Aktualisierte Sachbilanzen und Aluminiummassenströme, konkret für den Schweizer Markt, führen zu einer Neupositionierung von Aluminiumprodukten.

Eco-Bau ist die gemeinsame Plattform öffentlicher Bauherrschaften von Bund, Kantonen und Städten mit Empfehlungen zum nachhaltigen Planen, Bauen und Bewirtschaften von Gebäuden und Anlagen. Der Verein eco-bau entwickelt und aktualisiert Planungswerkzeuge für nachhaltiges Bauen (Definition und Kriterien gemäss Empfehlung SIA 112/1 Nachhaltiges Bauen). Diese Werkzeuge dienen der Optimierung der Planung, der Realisierung, des Betriebs und des Rückbaus von Gebäuden. Durch entsprechende Weiterbildungen fördert eco-bau die breite Anwendung der Planungswerkzeuge durch die Bauämter, die Planenden und weitere interessierte Kreise.
Eines dieser Instrumente sind die sogenannten KBOB-Empfehlungen zu nachhaltigem Bauen. Hierin werden Ökobilanzkennwerte (UBP’13-Umweltbelastungspunkte 2013, erneuerbare/nicht erneuerbare Primärenergie, Treibhausgasemissionen) für Baumaterialien, Gebäudetechnik, Energiesowie Transporte gelistet, um den Planenden und Ausschreibenden den Einstieg in diese Thematik zu erleichtern. Unter Mitwirkung der SZFF wurden die bisherigen Ökobilanz-Datensätze zu Aluminiumhalbzeugen (Bleche, Profile) und Aluminiumfenstern überarbeitet, aktualisiert und in der aktuellen KBOB-Empfehlung, Stand Dezember 2016, veröffentlicht.6

Untersuchungsmethode

Die Ökobilanzdatenbank ecoinvent ist eine weltweit führende Quelle für Ökobilanzdaten. Die hierin enthaltenen Sachbilanzen (Life Cycle Inventory) zur Aluminiumherstellung wiesen jedoch zu Beginn dieses Projekts ein Alter von mehr als zehn Jahren auf und mussten dringend aktualisiert werden.
Mit Verweis auf die Erhebungen von European Aluminium2 konnten die Sachbilanzen und Datensätze für die Herstellung von Primäraluminium und Sekundäraluminium aus Prozessschrotten (New Scrap) und Produktschrotten (Old Scrap) aktualisiert werden.
In dem für die Überarbeitung benutzten KBOB-Ökobilanzdatenbestand v2.2:2016 wurden somit neben den Datensätzen aus ecoinvent v2.2 bzw. v2.2+ auch diese aktualisierten Sachbilanzen verwendet. Unter der Annahme, dass in der Schweiz ein gegenüber Europa unterschiedlicher Mix an Primär- und Sekundärmaterialanteil für Aluminiumknetlegierungen vorzufinden sei, führte die Schweizer Zentrale für Fenster und Fassaden in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Treeze Ltd., Uster, eine eigene Markterhebung durch, auf die nachfolgend noch detaillierter eingegangen wird. Für Aluminiumgusslegierungen und Aluminiumbleche wurde wegen des Fehlens repräsentativer Marktdaten der europäische Durchschnitt aus dem Jahr 2013 angenommen. Siehe hierzu auch Abbildung 3. Das Verhältnis von Primär-/Sekundäraluminium wurde für Knet- und Gusslegierungen bei der Überarbeitung der KBOB-Datensätze berücksichtigt.

Das IAI – Internationale Aluminium Institut – betreibt seit mehreren Jahren ein Rechenmodell, das die Massenströme von Aluminiumprodukten in neun globale Wirtschaftszonen unterteilt und deren Interaktion abbildet. Exemplarisch wird hier gezeigt, welchen Informationsgehalt dieses Modell hat und wie es für die Überprüfung der Datengrundlage als Referenz genutzt wurde. Anhand des Modells berechnet sich für den Bausektor in Europa im Jahr 2013 ein Volumen an umgeschmolzenen Schrotten von 10,9 Mt. Ergänzt um 8,6 Mt Primäraluminium werden hieraus wieder Halbzeuge und letztendlich Produkte. Das zu Halbzeugen verarbeitete Aluminium besteht somit aus 46% Primär- und 54% Sekundäraluminium.
Letztendlich wächst die Menge des in Produkten enthaltenen Aluminiums im Bausektor um 4,3 Mt im betrachteten Jahr. Die absolute genutzte Menge an Aluminium beträgt nun 162,2 Mt. Eine Zahl, welche die lange Lebensdauer von Aluminium im Bausektor unterstreicht (Abbildung 3).

Anteil an Recyclingaluminium hat zugenommen

Der Wunsch der SZFF war jedoch, die spezifische Situation in der Schweiz zu eruieren und als Grundlage für einen neuen Datensatz zu verwenden.
In einer Umfrage bei Schweizer Aluminiumimporteuren, Presswerken und Aluminium-Systemhäusern wurden die Mengen an Schrotten und Primäraluminium in den Pressbolzen ermittelt. Dabei ergab sich ein gegenüber dem europäischen Durchschnitt erhöhter Recyclinganteil von 6% im Schweizer Markt. Seit Veröffentlichung der KBOB-Liste 2014 hat der Anteil an recyceltem Aluminium sogar um 20% zugenommen (Abbildung 4). Dieser aktuelle Marktmix ist nun Basis für die Überarbeitung der KBOB-Liste 2016.
Die gleiche Umfrage wurde auch für Aluminiumbleche durchgeführt. Hier konnten jedoch keine ausreichenden Marktdaten ermittelt werden. Für Aluminiumbleche wurde deshalb der Marktmix Europa 2013 für Primär-/Sekundäraluminium angenommen.

Ergebnisse der aktualisierten Sachbilanzund Materialmix

Neben der Gesamtbewertung nach der Methode der ökologischen Knappheit UBP2013 wird in der KBOB-Liste auch eine Teilbewertung durch Treibhausgasemissionen (kg CO2-eq/kg Material) und den kumulierten erneuerbaren und nicht erneuerbaren Primärenergieverbrauch (kWh Öl-eq/Bezugsgrösse) vorgenommen.
Mit dem nicht erneuerbaren Primärenergieverbrauch wird die Bezugsgrösse gemäss Merkblatt SIA 2032 «Graue Energie von Gebäuden» und Merkblatt SIA 2040 «SIA-Effizienzpfad Gebäude» bewertet. Die aktualisierten Sachbilanzen und Produktmixe führen zu einer deutlichen Verbesserung in allen drei betrachteten Bewertungskriterien. In Abbildung 5 sind die Werte gemäss KBOB-Liste 2014 und der aktualisierten und veröffentlichten Version 2016 gegenübergestellt.
Abbildung 5 zeigt die Umweltbelastungen in der Gesamtbewertung UBP2013 sowie den Treibhausgasemissionen. Bei Aluminiumverbundprofilen reduzierte sich die Gesamtumweltbelastung um 32%, die Treibhausgasemissionen um 34%. Bei Aluminiumblechen beträgt die Reduzierung 26% bzw. 32%.

Auswirkungen auf ein Fenster

Ausgangsbasis für die Massenermittlung von Fenstern unterschiedlicher Rahmenmaterialien ist ein Stulpfenster mit den Abmessungen (Breite × Höhe) von 1750 × 1300 mm. Um mit den Ökobilanzdaten aus der KBOB-Liste in nachgeschalteten Planungsinstrumenten rechnen zu können, werden die Umweltbelastungen abschliessend auf eine Bezugsgrösse normiert. Für Materialien von Fensterrahmen ist dies 1 m2 Rahmenfläche. Die in der KBOB-Liste genannte Umweltbelastung UBP’13 bezieht sich somit auf 1 m2 Rahmenfläche.
In Abbildung 8 sind die Umweltbelastungen unterschiedlicher Rahmenmaterialien der KBOB-Liste Version 2014 und 2016 gegenübergestellt. Alle Datensätze der Rahmenmaterialien wurden aktualisiert und zeigen reduzierte Umweltbelastungen. Die Verbesserung der Sachbilanz und ein erhöhter Recyclinganteil wirken sich sowohl bei Aluminium- als auch bei Holz-Aluminium-Rahmen aus.
Um zum Beispiel eine Gleichwertigkeit bei den Umweltbelastungen zwischen einem Aluminium- und einem Holz-Aluminium-Fenster herzustellen, müsste die Rahmenfläche des Aluminiumfensters absolut 21% kleiner sein als die eines gleich grossen Holz-Aluminium-Fensters. Eine tatsächliche Bewertung, welches Rahmenmaterial besser geeignet ist, sollte somit immer an einem realen Fenster auf den speziellen Ausführungsfall bezogen erfolgen.

Ausblick

Die Aktualisierung der Sachbilanzen für die Herstellung von Primäraluminium und Sekundäraluminium aus Prozess- und Produktschrotten hat gezeigt, welchen Einfluss diese auf die resultierende Umweltbelastung haben. Es ist wichtig, Entscheidern und Planenden aktuelle Ökobilanzdaten zeitnah zur Verfügung zu stellen. Nur so können von ihnen alle Optionen ausgelotet werden.
Primär gilt es, veraltete Life-Cycle-Inventory-Datensätze für Aluminium zu aktualisieren und den Umfang der in der KBOB-Liste enthaltenen Produkte für die Gebäudehülle zu erweitern. Mit Blick auf die Vorgaben einer «Circular Economy» durch die Europäische Union ist zu erwarten, dass mehr Sekundärmaterial in allen europäischen Ländern eingesetzt wird. Metalle sind hier aufgrund ihrer steigenden Recyclingquote und Rückgewinnung auf gleichbleibend hohem Reinheitsniveau im Vorteil.

Begriffsklärung «Umweltbelastung UBP’13»

Die Umweltbelastungspunkte 2013 (UBP’13) quantifizieren die Umweltbelastungen durch die Nutzung von Energie- und stofflichen Ressourcen, von Land und Süsswasser, durch Emissionen in Luft, Gewässern und Boden, durch die Ablagerung von Rückständen aus der Abfallbehandlung sowie durch Verkehrslärm.

Begriffsklärung «Treibhausgasemissionen»

Die Treibhausgasemissionen quantifizieren die kumulierten Wirkungen verschiedener Treibhausgase bezogen auf die Leitsubstanz CO2. Die Treibhauswirkung wird auf Basis
der Treibhauspotenziale des 5. Sach­stand­berichts des IPCC (2013) quantifiziert.

Begriffsklärung «Graue Energie»

Die nicht erneuerbare Primärenergie (Graue Energie) ist ein im Schweizer Baubereich etablierter Kennwert. Die Instrumente des Vereins eco-bau (eco-devis, Eco-BKP-Merkblätter) stützen sich für eine gesamtheitliche Beurteilung neben zusätzlichen ökologischen Merkmalen auf diese Teilbewertung.
Sie quantifiziert den kumulierten Energieaufwand der fossilen und nuklearen Energieträger sowie Holz aus Kahlschlag von Primärwäldern.
Primärenergie erneuerbar und nicht erneuerbar bilden addiert die Primärenergie gesamt.

Quellenverzeichnis

  1. Kasser U., Frischknecht R., Klingler M., Savia D., Stolz P., Tschümperlin L., Wyss F., Itten R. (2016); Erneuerung und Erweiterung der Ökobilanzdaten in der KBOB-Liste «Ökobilanzen im Baubereich», Projekt QualiBOB
  2. EAA (2013); Environmental Profile Report for the European Aluminium Industry, April 2013, Data for the year 2010. European Aluminium Association, Brussels, BE
  3. Stolz P., Frischknecht R. (2017), Hintergrundbericht zur Aktualisierung der Sachbilanzen von Baumaterialien, KBOB-Ökobilanzdatenbestand v2.2:2016, Stand 2016, Treeze Ltd. Uster
  4. Stolz P., Frischknecht R. (2016), Life Cycle Inventories of Aluminium and Aluminium Profiles, Treeze Ltd. Uster, (im Auftrag des SZFF)
  5. www.eco-bau.ch; Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau, Verein eco-bau.
  6. Liste Oekobilanzdaten im Baubereich 2009-1-2016; https://www.kbob.admin.ch/kbob/de/home/themen-leistungen/nachhaltiges-bauen/oekobilanzdaten_baubereich.html
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